1 “Wir werden alle Krankenhäuser retten, die wir benötigen.” (Karl Lauterbach im April 2024)
Fakt: Immer mehr Krankenhäuser sind in ihrer Existenz bedroht, da die durch die Inflation (Bau-, Energie- und Personalkosten) stark gestiegenen Kosten über die Fallpauschalen nicht vergütet werden. Um einen kalten Strukturwandel zu vermeiden, brauchen die Krankenhäuser die Finanzspritze jetzt, sonst werden viele die Reform nicht mehr erleben, egal ob sie gebraucht werden oder nicht.
2 „Ein paar Hundert Häuser werden sterben, viele davon in westdeutschen Großstädten.” (Karl Lauterbach im Oktober 2024)
Fakt: Schon jetzt sterben die meisten Krankenhäuser auf dem Land und dieser Trend wird sich durch die Reform fortsetzen.
3 Das System der Fallpauschalen, das zu Fehlanreizen geführt hat, wird mit Lauterbachs Reform überwunden.
Fakt: In Zukunft werden zwar nur noch 40% der Behandlungskosten über Fallpauschalen und 60% über Vorhaltevergütung erstattet. Allerdings handelt es sich bei der Vergütung ebenfalls um Pauschalen, die nach wie vor an die einzelnen Fälle und an deren Schwere geknüpft sind. Es kommt nicht mehr Geld ins System; es wird nur zu Gunsten von weniger Kliniken umverteilt.
4 Durch die Planung mit Leistungsbereichen und Leistungsgruppen werden Zielgenauigkeit und Behandlungsqualität erhöht.
Fakt: Die Zuteilung und Aberkennung von Leistungsgruppen dient vor allem der finanziellen Steuerung mit dem Ziel, die Zahl der Krankenhäuser zu senken. Krankenhäuser, denen lukrative Leistungen aberkannt werden, bekommen zunehmend Schwierigkeiten sich zu refinanzieren und sich am Markt zu behaupten. Beispiele in NRW zeigen, dass dabei die Größe der Krankenhäuser, ihre anerkannte Qualität für bestimmte Leistungen, teure Investitionen in der Vergangenheit oder der vorhandene Bedarf keine Rolle spielen (1).
5 Durch die Umwandlung von Krankenhäusern in sektorenübergreifende Versorgungszentren (SÜV) wird die Versorgung auf dem Land und in benachteiligten Stadtteilen gesichert.
Fakt: Die neu geplanten Zentren haben keine ärztliche Leitung, keine ärztliche Rund-um-die-Uhr-Betreuung und ihre Teilnahme an der Notfallversorgung ist nicht gesichert.
6 Ohne die Reform wird der Anstieg der Krankenhauskosten unbezahlbar.
Fakt: Eine Ursache für die Teuerung ist die Aufhebung des Gewinnverbots in Krankenhäusern. Seitdem haben private Konzerne und Investoren den Krankenhausmarkt als Renditeobjekt entdeckt. Gewinne müssen nicht mehr reinvestiert werden, sondern können an Aktionäre und Anleger weitergeleitet oder zur weiteren Expansion genutzt werden. Nach Einführung der Fallpauschalen sind die Kosten nicht gesunken, sondern vor allem durch den Anstieg lukrativer Behandlungen gestiegen.
7 Zu den Fallpauschalen gibt es keine Alternative. Ein System der Kostendeckung führt zu einer Selbstbedienungsmentalität.
Fakt: Das Fallpauschalensystem nutzt vor allem renditeorienterten, privaten Konzernen und Investoren. Die damit verbundenen Nachteile wie Arbeitshetze und Lohndumping schaden sowohl Beschäftigten wie Patienten. Eine effektive und wirksame Kooperation zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten ist nur ohne Konkurrenzdruck und Renditezwang möglich. Dabei könnten die Möglichkeiten von Innovation, Technik und Digitalisierung zum Vorteil aller und nicht nur im Interesse einer kleinen Gruppe von Kapitalbesitzern genutzt werden.
8 Fachkräftemangel zwingt zur Verteilung des Personals auf weniger Kliniken.
Fakt: Schon jetzt werden 15% der medizinischen Arbeitskräfte allein durch DRG-Kodierung und -Dokumentation gebunden. Durch Abschaffung von Fall- und Vorhaltepauschalen könnten sie für den Dienst am Bett bereitgestellt werden. Interessanterweise soll die Möglichkeit, mit Pauschalen Gewinne zu erwirtschaften, durch das Gesetz aber nicht eingeschränkt werden, steigende Bürokratie und Fachkräftemangel hin oder her.
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(2) Destatis vom 14.10.2024: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Krankenhaeuser/Publikationen/Downloads-Krankenhaeuser/statistischer-bericht-grunddaten-krankenhaeuser-2120611237005.xlsx?__blob=publicationFile