1. Zerstörung des Versorgungsnetzes durch Zentralisierung der Krankenhauslandschaft

„Das Fallpauschalensystem zur Finanzierung der Krankenhäuser ist mit dem Ziel eingeführt worden, den «Krankenhausmarkt zu bereinigen». Da dies nicht gelungen ist, sollen nun mithilfe staatlicher Planung die Zentralisierung und Konzentration der Krankenhauslandschaft durchgesetzt werden. Die Folgen: Das dichte Versorgungsnetz wird zerstört und es entstehen hohe Kosten für den Aufbau zentralistischer Strukturen. Zugleich wird der Privatisierungsprozess neu belebt und die Konkurrenz der großen privaten, kirchlichen und staatlichen Krankenhauskonzerne weiter angeheizt.“ (mehr dazu Achim Teusch „Kein Bett zu viel“ über den Landeskrankenhausplan NRW: https://www.rosalux.de/publikation/id/46336/kein-bett-zu-viel)

2. Kalter Strukturwandel durch fehlende Finanzierung

Eine wesentliche Ursache der Finanznot sind die fehlenden Investitionen der Bundesländer. Infolge von Inflation und weiteren Kostensteigerungen sind insbesondere kleine und freigemeinnützige Krankenhäuser in weitere Liquiditätsprobleme gekommen, die zum Teil schon zu Schließungen wie in Kreis Mettmann geführt haben (Kalter Strukturwandel). Andere stehen vor oder in Insolvenzverfahren, da aufgrund der bisherigen Finanzierungsstruktur (Investitionskosten durch die Bundesländer + Betriebskosten von den Krankenkassen über die Fallpauschalen) keine ausreichende Finanzierung der wirklichen Kosten stattgefunden hat.

3. Auswirkungen auf unsere Gesundheitsversorgung: Im Ernstfall nicht erreichbar

Neben der anhaltenden Überforderung aller Bereiche im Gesundheitswesen erleben wir gerade wieder volllaufende Zentrale Notaufnahmen, verlängerte Wartezeiten und nochmals verlängerte Wegzeiten zum Auffinden freier und verfügbarer Betten. Erste Erkenntnisse aus den Entwicklungen bestätigen alle Warnungen, dass es keine „Überversorgung“ in der aktuellen Krankenhauslandschaft in NRW gibt. An der Legende zu vieler Betten halten alle Beteiligten auf Bundes- wie auch auf Landeseben fest, um ihr Projekt einer „Gesundheitsreform“ (Bund) oder einer „Krankenhausplanung“ (NRW) durchzudrücken.

4. Lauterbachs Revolution ist ein Etikettenschwindel

Der Bundesgesundheitsminister verspricht mittels Reform der Krankenhausfinanzierung den ökonomischen Druck auf die Krankenhäuser zu reduzieren, indem er statt echter Vorhaltefinanzierung einen Anteil an den Betriebskosten aus den Fallpauschalen als festes Budget vergeben möchte. Er wird also keinen Cent mehr in die zukünftige Krankenhausfinanzierung geben. Das angekündigte feste Budget zur Vorhaltefinanzierung soll aus den bisherigen DRG’s herausgenommen werden. Damit bleibt die Finanzierung der Betriebskosten durch die Vorschläge des Bundes einer der entscheidenden Treiber für Leistungsverdichtung.  In profitablen Bereichen wird einerseits auch weiterhin eine Mengenausweitung folgen und andererseits wird es Personalabbau, Lohndumping und Leistungseinschränkung insbesondere in den jetzt schon unterfinanzierten Bereichen wie Pädiatrie und Geburtshilfe geben. Die Revolution bleibt nicht nur aus, das Fallpauschalensystem wird gerettet durch einen erfolgreichen Etiketten-schwindel. Parallel greift die Bundesregierung mit dem Krankenhaustransparenzgesetz indirekt in die Krankenhausplanung der Länder ein und versucht über den Umweg von Klinikrankings weiter, Klinikschließungen zu forcieren.

5. Krankenhausplanung in NRW: Verhandlungen zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen ohne öffentliche Einflussnahme

Auf Landesebene laufen im Rahmen der Krankenhausplanung die Verhandlungen zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen hinter verschlossenen Türen. Die ersten Verhandlungs-ergebnisse liegen seit Mai 2023 vor und sollen im Laufe des Jahres abgeschlossen sein. Bis Ende des Jahres 2024 sollen alle Krankenhäuser den „vorläufigen Feststellungsbescheid für die künftigen Leistungsgruppen und Leistungsbereiche“ erhalten. Wo die Differenzen zwischen Kassen und Häusern liegen, ist öffentlich einsehbar über das Ministerium für Arbeit Gesundheit und Soziales NRW. Dort, wo eklatante Differenzen zwischen Kassen und Häusern vorliegen, haben zum Teil auch die kommunalen Gesundheitsausschüsse für den Erhalt der flächendeckenden Versorgung Stellung bezogen. Überwiegend wollen die Krankenkassen den Leistungserbringern finanziell aufwendige Prozeduren und Eingriffe kürzen. Ob und in welchen Umfang dies zu Schließungen von Abteilungen oder mehr führen wird, ist im Moment noch nicht absehbar. Das bisherige Finanzierungsmodell vieler kleiner kommunaler und freigemeinnütziger Träger, das Krankenhaus mittels lukrativer Behandlungen und Eingriffe auch die Grundversorgung auskömmlich gegenzufinanzieren, wird so allerdings immer weniger möglich sein. Es ist von weiteren Insolvenzen auszugehen.

Ende Dezember 2023 wurde nun still und heimlich das Gesetz verändert. Die Feststellungsbescheide sind weiterhin anfechtbar, aber ohne aufschiebende Wirkung. Das bedeutet, dass bei ablehnenden Feststellungsbescheiden zu Leistungsgruppen eines Krankenhauses keine weitere Finanzierung erfolgen wird. Auch dies wird zu Abteilungs- ggf. Krankenhausschließungen führen, selbst wenn der Klageweg im zeitlichen Verlauf erfolgreich wäre.

6. Für die Ambulantisierung von Krankenhausleistungen fehlen die notwendigen, ambulanten Strukturen!

Weiterhin wird von Seiten der Landesregierung, des Ministeriums für Arbeit Gesundheit und Soziales NRW und allen Beteiligten das hohe Lied der Ambulantisierung von Krankenhausleistungen gesungen. Allein der Wunsch nach Verschiebung von Krankenhausleistungen in den ambulanten Sektor schafft jedoch nicht eine einzige Leistung! Die vorhandenen ambulanten Versorger*innen sind schon jetzt nicht in Lage weitere Leistungen zu erbringen. Bis jetzt ist nicht ein einziges neues Primärversorgungszentrum (PVZ) geschaffen und durch die öffentliche Hand finanziert worden! Die Ambulantisierung soll am Ende nur die Kosten senken, soweit mehr Behandlungen und Eingriffe aus den Krankenhäusern verschieben und marktfähig umsetzen.

 

Das Bündnis für ein gemeinwohlorientiertes Gesundheitswesen fordert Gesunde Krankenhäuser in NRW für ALLE!

  • patientenorientiert, barrierefrei und selbsthilfefreundlich
    Wir fordern, dass die Gesundheitsversorgung an den Bedarfen der Patient*innen und an guter Qualität orientiert werden muss. Gesundheitsversorgung ist eine Aufgabe der Daseinsvorsorge!
  • wohnortnah und bedarfsorientiert geplant für alle in NRW
    Wir fordern eine intensive Analyse und ausreichend Zeit, um den Krankenhausplan NRW zu erstellen – unter breiter Beteiligung aller Betroffenen. Vorher darf es keine Umsetzungs-schritte oder Vorfestlegungen geben. Wir fordern den Erhalt aller Kliniken, solange eine solche Analyse nicht vorliegt.
  • vollfinanziert durch das Land NRW
    Wir fordern ab sofort die vollständige Refinanzierung der Investitionskosten durch das Land NRW und ein Sonderprogramm zur Behebung des Investitionsstaus. Krankenhausgebäude und deren Ausstattung zu erhalten und zu modernisieren, ist gesetzlich geregelte Aufgabe des Landes NRW!
  • mit guten Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten
    Wir fordern mehr Personal in den Krankenhäusern und eine gesetzliche Personalbemessung, die eine gute Versorgung für alle sicherstellt! Ausdrücklich beziehen wir uns dabei auf alle Berufsgruppen, auch über die Pflege hinaus.
  • ein gemeinwohlorientiertes Gesundheitswesen – ohne Profite!
    Wir fordern die Landesregierung als ersten Schritt dazu auf, sich über eine Bundesratsinitiative dafür einzusetzen, die Fallpauschalen (DRG) abzuschaffen und Profite wieder zu verbieten.