Die Situation in den Krankenhäusern ist zum Zerreißen angespannt. Personalmangel ist weiterhin an der Tagesordnung, was zu einem äußerst hohen Stresslevel für die Beschäftigten führt. Jetzt kommen noch Unsicherheiten durch den neuen NRW-Krankenhausplan hinzu, der zum 01. Januar 2025 umgesetzt werden soll. Die Landesregierung plant hiermit Zentralisierungen und Schließungen von Krankenhäusern, Bettenabbau und weiteren Kostendruck.

„Düsseldorfer Bündnis für eine gerechte Gesellschaft – sozial und ökologisch“ wird in einem Pressegespräch darstellen, wie sich der NRW-Krankenhausplan in Düsseldorf auswirkt und was zur Vermeidung von absehbaren Versorgungsmängeln für die Patientinnen und Patienten sowie den weiter steigenden Arbeitsdruck für die Beschäftigten getan werden kann.

Dazu lädt das „Düsseldorfer Bündnis für eine gerechte Gesellschaft – sozial und ökologisch“ zu einem Pressegespräch ein

am 09. Oktober 2024, Beginn: 12 Uhr
im DGB-Haus, 40210 Düsseldorf, Friedrich-Ebert-Str. 34-38,
im Maria-Weber-Raum (1. Etage).

Als Gesprächspartner*innen stehen zur Verfügung:

  • Dr. Susanne Quast, Ärztin und Sprecherin des NRW-Bündnisses für ein gemeinwohlorientiertes Gesundheitswesen

Vom Sprecherkreis des Düsseldorfer Bündnisses für eine gerechte Gesellschaft:

  • Sigrid Wolf, DGB
  • Pater Wolfgang Sieffert, Altstadt Armenküche
  • Uwe Foullong, ver.di

Um eine kurze Anmeldung wird gebeten unter angela.mueller@dgb.de

Presseeinladung als PDF-Download

Pressemitteilung:

Neue Krankenhausplanung stoppen, weil Versorgungsmängel drohen

Die neue Krankenhausplanung NRW, die bis Anfang 2025 umgesetzt werden soll, führt zu Versorgungsmängeln für die Bürger:innen und weiter verschlechterten Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten. Deshalb muss sie gestoppt werden. Diese Schlussfolgerung zieht Susanne Quast, Ärztin und Sprecherin des NRW-Bündnisses für ein gemeinwohlorientiertes Gesundheitswesen.

Die NRW-Krankenhausplanung, die in engem Zusammenhang mit der Krankenhausreform der Bundesregierung steht, beinhaltet eine Zentralisierung von Behandlungsleistungen, einen drastischen Bettenabbau und deutliche Fallzahlsenkungen. „Dabei wird erkennbar, dass es
nicht primär das Ziel ist, die Qualität der Behandlungen zu verbessern“, kritisiert die Fachärztin
für Anästhesie, „das primäre Ziel ist, Kosten im Gesundheitsbereich einzusparen – und das geht
zulasten der Patient:innen und der Beschäftigten.“

Die Zentralisierung bestehe aus der gewünschten Schließung von Krankenhäusern mit weniger als 200 Betten und der Konzentration von Behandlungsleistungen, sogenannten Leistungsgruppen, auf die verbleibenden großen Krankenhäuser. Kein Krankenhaus solle alles machen. Alle 15 Düsseldorfer Krankenhäuser müssten Leistungsgruppen abgeben. Es würde zu Abteilungsschließungen sowie Schließungen ganzer Häuser kommen. Sechs Krankenhäuser hätten eine Bettenzahl von weniger als 200 und gehörten somit zu den sogenannten kleinen schlechten Krankenhäusern. „Das Argument, dass durch Schließungen kleiner Krankenhäuser die Qualität der Behandlung durch die Spezialisierung verbessert werden solle, sei nicht stichhaltig“, betont die Ärztin und Sprecherin des NRW-Bündnisses für ein gemeinwohlorientiertes Gesundheitswesen.
Bei einigen Leistungsgruppen entstünden Versorgungsengpässe und auch die Notfallversorgung durch den Rettungsdienst könnten diese nicht zeitgerecht ausgleichen. Dies würde zu Gefährdungen von Patient:innen führen, kritisiert Quast.
So gäbe es zukünftig an nur noch zwei Standorten in Düsseldorf eine „Stroke unit“ (Schlaganfalleinheit) sowie eine allgemeine Neurologie. Eine frühneurologische Rehabilitation sei gar nicht mehr in Düsseldorf vorgesehen, die nächstgelegenen wären in Solingen und Wuppertal.
Von den 15 Krankenhäusern in Düsseldorf hätten 8 Häuser eine zentrale Notaufnahme. Durch die jüngsten Schließungen von Kliniken in Solingen, Haan und Ratingen hätten sich Anfahrtswege in die Notaufnahme deutlich verlängert und Patientenströme in den Düsseldorfer Notfallaufnahmen um 20 Prozent erhöht – ohne dass sie strukturell und personell angepasst würden. „Hier kann es zu lebensgefährlichen Situationen kommen“, warnt die Ärztin. Auch in weiteren Bereichen wie z.B. bei Erkrankungen der Bauchschlagader, der Altersmedizin, der Endoprothetischen und Kardiologischen Versorgung zeichneten sich Mängel und Verschlechterungen bei den Behandlungen ab. Im Prinzip sei mit der geplanten Zentralisierung die Grundversorgung aller Bürger:innen im Krankenhausbereich nicht mehr gewährleistet.

Weiterhin sei ein drastischer Bettenabbau geplant. Fast ein Fünftel, nämlich 17,9 Prozent von den gut 100.000 Krankenhausbetten in NRW sollen bis zum Jahr 2032 eingespart werden. Das seien 18.400 Betten weniger, davon 13.600 Betten weniger durch eine Verkürzung der Verweildauer im Krankenhaus sowie 4.800 Betten weniger aufgrund der geplanten Leistungsverschiebung in den ambulanten Sektor. Hierfür sehe der Krankenhausplan die Bildung sogenannter „intersektoraler Versorgungszentren“ vor, die bisher nicht existierten. Zukünftig würden dort Kranke behandelt, die keine stationäre Behandlung benötigten, aber medizinisch versorgt werden müssten.

Diese Versorgungszentren würden dann das notwendige, bisher fehlende Bindeglied zwischen Arztpraxen und Krankenhäusern bilden. „Wird jetzt der Krankenhausplan zu Anfang 2025 trotz fehlender Versorgungszentren umgesetzt, entsteht eine deutliche Verschlechterung der Qualität im Gesundheitsbereich, ein krasser Konstruktionsfehler dieser Neustrukturierung,“ kritisiert Quast.

Hinzu komme für die Krankenhäuser die Vorgabe einer strikten Fallzahlbegrenzung pro Leistungsgruppe. Dadurch erhöhe sich massiv der Kostendruck – keine gute Entwicklung für Patient:innen und Beschäftigte.

Damit aber nicht der Rotstift weiter die Krankenhäuser präge, sondern eine Verbesserung der Qualität der Behandlungen der Patient:innen sowie der Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten erfolge, fordere das NRW-Bündnis „Für ein gemeinwohlorientiertes Gesundheitswesen“ mit dem Düsseldorfer Bündnis „Für eine gerechte Gesellschaft“, dass eine wohnortnahe und bedarfsorientierte Versorgung flächendeckend für alle Bürger:innen und gute Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten sicher gestellt sowie eine gute Grundversorgung für alle durch ausreichende Notaufnahmestationen und dem schnellen Aufbau der „intersektoralen Versorgungszentren“ geschaffen würden. Eine Zentralisierung von Krankenhäusern mit Bettenabbau dürfe es erst dann geben, wenn die wohnortnahe Grundversorgung durch neue Versorgungszentren sichergestellt sei. „Im Kern wollen wir ein gemeinwohlorientiertes Gesundheitswesen, das Profite ausschließt“, fordert Susanne Quast. Dazu gehöre dann auch deutlich mehr Personal, das bereits seit langer Zeit fehle. Die Neustrukturierung würde nicht dazu führen, dass mit dem jetzigen mangelndem Personalstand in den Kliniken eine gute Versorgung sichergestellt werden könne. Die Beschäftigten arbeiteten seit langer Zeit am Limit und darüber hinaus, was nicht akzeptabel sei. Zudem müsse eine solche grundlegende Neustrukturierung mit der Beteiligung der Betroffenen, d.h. den Beschäftigten, ihren Betriebs- bzw. Personalräten und ihrer Gewerkschaft sowie den Patientenvertretern erarbeitet und umgesetzt werden, um die bestmögliche Versorgung für die Patient:innen zu erreichen. Das sei bisher überhaupt nicht geschehen, bemängelt Susanne Quast.

„Wir kommen zu dem Ergebnis, dass diese Neustrukturierung auf Grund der vielen Mängel gestoppt werden muss“, betont die Ärztin und Sprecherin des NRW-Bündnisses für ein gemeinwohlorientiertes Gesundheitswesen, „hier darf nichts über das Knie gebrochen werden. Wir plädieren für eine sorgfältige, planvolle Neustrukturierung, die unter dem Aspekt der Versorgungs- und Qualitätsverbesserung mit allen Betroffenen entwickelt werden muss“.

Von zentraler Bedeutung ist auch die ausreichende Finanzierung der Krankenhäuser und des neuen Krankenhausplans. „Diese volle Finanzierung ist nicht vorgesehen“, kritisiert Uwe Foullong, Sprecher des Düsseldorfer Bündnisses für eine gerechte Gesellschaft, „ohne eine auskömmliche Finanzierung wird die Umsetzung des Krankenhausplans zu weiteren Problemen für Patient:innen und Beschäftigte führen und das darf nicht passieren“.  So habe das Land NRW lediglich 2,5 Milliarden Euro für „Transaktionskosten“ im Haushalt eingeplant, aber die Kliniken hätten insgesamt 6,9 Milliarden Euro beantragt, um die grundlegenden Veränderungen bewältigen zu können. Der Haushalt des Landes NRW sei unterfinanziert und könne deshalb nicht alle notwenigen Investitionen gewährleisten. Deshalb benötige das Land dringend mehr Einnahmen, die durch eine gerechte Besteuerung von Multimillionären und Milliardären erreicht werden könne. Die Vermögenssteuer für diese Superreichen müsse wieder eingeführt und die Erbschaftssteuer mit hohen Freibeträgen so reformiert werden, dass die unfairen Privilegien für Superreiche abgeschafft würden. „Es ist höchste Zeit, die unterfinanzierten öffentlichen Haushalte mit einer fairen Besteuerung von Multimillionären und Milliardären zu stärken,“ bekräftigt der ver.di-Vertreter im Düsseldorfer Bündnis für eine gerechte Gesellschaft, „der Skandal von öffentlicher Armut bei steigendem privaten, teils leistungslos erworbenem Reichtum muss in diesen Krisenzeiten beendet werden.